mercoledì 17 febbraio 2010

CFP: religion and politics in multilevel governance

Call for Papers für das Panel „Politik und Religion in Mehrebenensystemen“ im Rahmen der Tagung der Sektion „Vergleichende Politikwissenschaft“ der Deutschen Vereinigung für Politische Wissenschaft „Regieren, Government, Governance - Institutionen, Akteure und Politikfelder in Vergleichender Perspektive“ in Duisburg vom 20.-22.09.2010


In modernen politischen Mehrebenensystemen kommt beim Regieren dem Ausgleich zwischen verschiedenen Institutionen, Organisationen und Interessenverbänden eine wesentliche Bedeutung zu. Ein „good governance“ kann nur unter Einbezug auch anderer gesellschaftlicher Akteure erfolgreich umgesetzt und in der Gesellschaft implementiert werden. In modernen Demokratien finden in dieser Hinsicht vielfältige Aushandlungsprozesse statt. Dies gilt in einem ganz besonderen Ausmaß für die Beziehungen zwischen dem Staat und den Kirchen. So stehen Kirchen in den meisten europäischen Gesellschaften – aber auch über Europa hinaus – in vielfältigen Beziehungen zu den Entscheidungsträgern in politischen Systemen (z.B. durch die Umsetzung des Substitiaritätsprinzips in wohlfahrtstaatlichen Strukturen). Sind auf der einen Seite bestimmte Aushandlungsprozesse zwischen beiden Institutionen bereits lange eingeübt und zum Teil rechtlich fixiert und institutionalisiert, entzünden sich auf der anderen Seite in öffentlichen Debatten nicht selten neue Konfliktherde oder neuer Abstimmungsbedarf, der erhebliche Rückwirkungen auf das Regierungshandeln besitzen kann.
Gleichzeitig erfordert die in den letzten Jahrzehnten erfolgte Verlagerung von Entscheidungsstrukturen vor allem in das europäische Mehrebenensystem, seitens der Kirchen und Religionsgemeinschaften eine neue Form von Organisation, die über bloße nationale Regelungen und Vereinbarungen hinausgeht. Auseinandersetzungen etwas um die Verankerung eines Gottesbezugs im Entwurf der Europäischen Verfassung, die Einführung eines eigenen staatlich unterstützten Religionsunterrichtes der islamischen Glaubenstradition oder Debatten um den Einfluss religiöser Argumente in „säkularen Diskussionen“ (J. Habermas) belegen die intensiven Bemühungen der Kirchen um die Erhaltung des Einflusses auf regionale, nationale und europäische Entscheidungen. Und verstehen sich nicht gerade die christlichen Kirchen als Bewahrer wichtiger europäischer Werte? Gerade dieser Einfluss scheint aber in den zunehmend säkularen europäischen Gesellschaften immer stärker in Frage und zur Disposition gestellt. Allerdings kann von diesen Prozessen der „Säkularisierung“ nicht ohne weiteres auf eine Säkularität im Sinne eines nicht mehr bestehenden Einflusses der Kirchen auf politische Entscheidungen geschlossen werden. Das zeigt die von J. Casanova angestoßene Debatte um den Ort von Religion in Zivilgesellschaft und Politik. So werden Verlautbarungen wie jüngst von der EKD-Ratspräsidentin zum Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr sehr wohl breit diskutiert und alle Fragen im Bereich der Regelung des privaten Zusammenlebens (Heirat, Partnerschaft, Familie) sind ohne Auseinandersetzung mit kirchlichen Positionen nicht denkbar. Die Art und Weise, wie Staat und Parteien, Kirchen und Religionsgemeinschaften im politischen Prozess miteinander umgehen, ist dabei auch ein Gradmesser der Demokratiefähigkeit der beteiligten Akteure und damit der jeweiligen Gesellschaft.
Da sowohl die Durchsetzung der Säkularisierungsprozesse als auch die Verhältnisse zwischen Kirche und Staat über Europa deutlich variieren, sind nicht unwesentliche Differenzen in den Einflussgraden von Religion auf das Regierungshandeln zu vermuten. Entsprechend erscheint
es angebracht diese vielfältigen – und im Fluss befindlichen – Beziehungen näher in Augenschein zu nehmen. Vor diesem Hintergrund möchte sich das Panel sowohl mit theoretischen als auch mit empirischen Studien zum Wirkungsverhältnis von Religion und Kirche auf die politischen Entscheidungsprozesse in Mehrebenensystemen des politischen Regierens in vergleichender Perspektive auseinandersetzen.
Erwünscht sind Vortragsvorschläge, die
(a) empirische Studien zur Bedeutung von Religion und Kirche für politische Entscheidungen. Dies umfasst sowohl politikwissenschaftlich-qualitative als auch -quantitative Studien, die idealerweise einen komparativen Zugang zur Thematik wählen,
(b) vergleichende Perspektiven der Institutionalisierung des Einflusses von Kirchen auf politisches Entscheidungshandeln und den Wandel institutioneller Arrangements untersuchen,
(c) die Relevanz religiöser Akteure und Argumente in den relevanten Diskursen gesellschaftlicher Steuerung und politischen Entscheidens beleuchten,
(d) die Wirkung bestehender Kirche-Staat-Beziehungen auf einzelne Policy-Bereiche identifizieren,
(e) den Folgen des Bedeutungswandels von Religion und Kirchen (Säkularisierung) für deren Einflussgrad auf einzelne Policy-Felder sowie im Gefüge politischer Willens- und Entscheidungsfindung nachgehen,
(f) die Akzeptanz der Position und des Einflusses von Kirchen und Religion in und auf Governance in den Bevölkerungen vergleichend analysieren sowie
(g) das Verhältnis von Religion und Kirchen in Systemen mit Mehrebenenentscheidungen theoretisch einzuordnen und im Rahmen der empirischen politischen Theorie zu konzeptionalisieren suchen.
Die Beiträge können also sowohl Fallstudien zur Prüfung bestehender Theorien als auch komparative Analysen für Europa oder im weiteren internationalen Vergleich als auch neue theoretische Konzepte vorstellen. Vorschläge sind erwünscht bis 30.Juni 2010 an eine der beiden folgenden Adressen.

Prof. Dr. Gert Pickel
Universität Leipzig
Professur für Kirchen- und Religionssoziologie
Otto-Schill-Str. 2
04155 Leipzig

Email: pickel@rz.uni-leipzig.de
Prof. Dr. Antonius Liedhegener
Zentrum für Religion, Wirtschaft und Politik (ZRWP)
Kultur- und Sozialwissenschaftliche Fakultät
Universität Luzern
Postfach 7455
CH-6000 Luzern 7
Email: antonius.liedhegener@unilu.ch

Nessun commento:

Posta un commento